Wohnraummiete: Schimmel und Beweislast
Gericht: AG Brandenburg

I Die Klage wird abgewiesen
II Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand:
Eines Tatbestandes bedarf es in dieser Sache nicht, da ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO unter Beachtung von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten der hier geltend gemachte rückständige Mietzins für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 auf-grund eines unstreitigen Mietmangels, welcher die Beklagte zur Mietminderung berechtigte, nicht zu. Die Außenwände des Kinderzimmers waren nämlich unstreitig in den horizontalen und vertikalen Wandwinkeln sowie die Fensterleibungen von Schimmel befallen.

Die Beklagte befindet sich hier dementsprechend auch nicht mit der Mietzahlung für den streitbefangenen Zeitraum in Verzug, da ihr eine Mietminderungsrecht gem. § 536 Abs.1 S. 1 und 2 BGB in der geltend gemachten Höhe des einbehaltenen Mietzins zustand.

Grundsätzlich ist der Vermieter gem. § 535 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Wohnung während der Mietzeit in einem zu vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Diese Erhaltungspflicht des Vermieters entfällt nur, wenn der Mieter einen Schaden schuldhaft selbst herbeigeführt hat, wobei der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Wohnung, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt wurden, gem. § 538 BGB nicht zu vertreten hat.

Das Auftreten von Schimmelpilzen in der Wohnung der Beklagten, ist insofern sogar als ein erheblicher Mangel anzusehen, der zu einer Tauglichkeitsminderung der Wohnung führt (OLG Celle, WuM 1985, Seiten 9 ff.; LG Osnabrück, WuM 1989, Seiten 370 f.; LG Lüneburg, WuM 2001, Seite 465; LG Gießen, ZMR 2000, Seite 537; LG Hannover, WuM 1982, Seite 183; Ag Bad Vilbel, WuM 1996, Seite 701; AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az: 7 C 107/02; AG Steinfurth, WuM 1977, Seite 256; AG Köln, WuM 1980, Seite 51; AG Darmstadt, WuM 1980, Seite 77; AG Schleswig, WuM 1980, Seite 206). Neben sichtbaren Feuchtigkeitsschäden in Form von Schimmelpilzbildung an den Wänden bestehen nämlich grund-sätzlich darüber hinaus auch erhebliche Gesundheitsgefahren für die Bewohner einer solchen Wohnung (LG Lüneberg, WuM 2001, Seite 465; AG Bad Vilbel, WuM 1996, Seite 701; AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az: 7 C 107/02). Dies gilt auch dann, wenn diese Räu-me wegen einer exponierten Lage und der Art des Bewohnens besonders gefährdet und für Kondenzwasserniederschläge anfällig sind.

Ein Mangel der Mietsache ist nämlich auch dann gegeben, wenn die Feuchtigkeitserscheinungen durch das Wohnverhalten der Mieter lediglich mit beeinflusst werden, andererseits letztlich aber nur durch eine ausreichende Wärmeisolierung der Wände ganz beseitigt werden können. Da der Zweck des Mietvertra-ges für den Mieter, nämlich die Gebrauchsüberlassung der Wohnung gefährdet ist, wenn z. B. ein Mieter mit einem Kaltschlafbedürfnis das Schlafzimmer zu stark beheizen muss, um solche Erscheinungen zu vermeiden und andererseits ein zu häufig und anhaltendes Lüften im Winter dem Energiespargrundsatz widersprechen würde, gibt ein solcher Mangel dem Mieter auch dann die Rechte aus §§ 536 ff. BGB, wenn der Vermieter nur durch Isolie-rungsmaßnahmen Abhilfe schaffen könnte ( LG Hannover, WuM 1982, Seite 183). Eine Haf-tung des Vermieters für einen derartigen Sachmangel würde dementsprechend nur dann entfallen, wenn der Vermieter den Beweis dafür erbringen könnte, dass Ursache für den Schimmelpilzbefall ganz oder jedenfalls überwiegend auf ein Verschulden der Mieterin zurückzuführen sind ( LG Hannover, WuM 1982, Seite 183). Die Beweislast verteilt sich bei Schimmelpilzbildung in Anlehnung an die allgemeine Recht-sprechung zur Beweislast beim Auftreten von Feuchtigkeitsschäden insofern nämlich nach Gefahrenbereichen (LG Berlin, ZMR 2003, Seite 489; LG Duisburg, WuM 2003, Seiten 494 f.). Für die unaufklärbare Ursache einer Schimmelpilzbildung in der Wohnung trägt somit der Vermieter die Beweislast (LG Berlin, NZM 2003, Seite 434 = GE 2003, Seite 459 = ZMR 2003, Seite 489). Das hier insofern vom Kläger vorgelegte Privat-"Gutachten" kann aber nicht als ein derartiger "Beweis" im Sinne der ZPO vom erkennendem Gericht angesehen werden, da nur durch einen vereidigten und vom Gericht (eventuell auch im selbständigen Beweisverfahren) bestellten Sachverständigen, nicht jedoch einen "beratenden Ingenieur" eines Bauingeneurbüros, ein derartiges zu Beweiszwecken im Prozess verwertbares Gut-achten erstellt werden können. Ein diese Vorraussetzung erfüllendes Gutachten konnte der Kläger hier aber nicht vorlegen.

Das erkennende Gericht vermag dem Bauingeneur I. Michaelis darüber hinaus auch nicht darin zu folgen, dass die vorgefundenen Schimmelpilzschäden ganz wesentlich nutzerbe-dingt durch die Beklagte verursacht worden sein sollen. Diesbezüglich hat der "Bauingeneur" nämlich ausgeführt, dass die Schimmelpilzbildungen durch zu hohe Raumluftfeuchtigkeit hervorgerufen worden sei, für die die Beklagte als Mieterin durch zu geringe Belüftung oder Beheizung wiederum verantwortlich wäre. Dieser Feststellung steht aber bereits entgegen, dass die relative Feuchtigkeit bei raumtypischen Nutzungen die kritische Grenze von 50 % - 60 % gerichtsbekannt regelmäßig erheblich überschreiten kann (vgl. hierzu u. a. auch: LG Hamburg, WuM 2001, Seiten 193 f.). Da die Entstehung dieser Feuchtigkeit gera-de in den Ecken eines Kinderzimmers aber auch auf "normalen" Wohngebrauch zurückge-führt werden kann, lässt sich allein hieraus nach Überzeugung des erkennenden Gerichts zu Lasten der Beklagen nichts herleiten.

Es ist nämlich durchaus möglich, dass der Schimmelpilzbefall auf bauseitige Schwachstellen des Hauses zurückzuführen ist. Auch steht hier fest, dass die Schimmelpilzerscheinungen in der Ecke der Außenwand des Kinderzimmers und an den Fensterleibungen vorhanden sind. Es gibt also mehrere Anhaltspunkte, die auf bauseitige Schwachstellen hindeuten. Von daher geht das erkennende Gericht hier davon aus, dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand die Verantwortlichkeit für den Schimmelpilzbefall weder dem klägerischen Vermieter, noch der beklagten Mieterin zweifelsfrei zugeordnet werden kann (vgl. hierzu u. a. auch: LG Osnabrück, WuM 1989, Seiten 370 f.). Die Nichterweislichkeit geht hier aber zu Lasten des Klägers. Das erkennende Gericht vertritt nämlich in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsauffassung die Ansicht, dass der Vermieter die Beweis-last dafür trägt, dass Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen sind (LG Darmstadt, WuM 1985, Seite 22; LG Ausgsburg, WuM 1985, Seite 25; LG Kiel, NJW-RR 1986, Seite 314; LG Nürnberg-Fürth, WuM 1988, Seite 155, LG Osnabrück, WuM 1989, Seiten 370 f.). Wenn somit Mietvertragsparteien um die Ursache von in der Wohnung aufgetretenen Schimmelpilzbildungen streiten, ist es zunächst Sache des Vermieters zu beweisen, dass hierfür Baumängel nicht ursächlich sind und erst wenn dieser Beweis geführt ist, muss der Mieter beweisen, dass er dem allgemeinen zumutbaren "Normal"-Verhalten durch sein eigenes Wohnverhalten entsprochen hat (LG Braunschweig, ZMR 2002, Seite 916 f.). Dieses Minderungsrecht der Beklagten besteht im Übrigen ohne Rücksicht auf Verschulden des Klägers als Vermieter und es entfällt somit nur dann, wenn der Mieter die Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel - wie bereits dargelegt - im Wesentlichen mit zu verantworten hat (LG Lüneburg, WuM 2001, Seiten 465 f.; AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az.: 7 C 107/02). Die Beklagte muss zwar insofern hier grundsätzlich ihr Heiz- und Lüftungsverhalten in zu-mutbaren Umfang der Wohnung in einem gewissen Rahmen anpassen (LG Lüneburg, WuM 2001, Seiten 465; LG Hamburg, WuM 1990, Seite 290; LG Saarbrücken, WuM 1988, Seite 351; LG Konstanz, WuM 1998, Seite 353; LG Münster, WuM 1987, Seite 271, AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az.: 7 C 107/02, die Obliegenheit eines Mieters zur Vermeidung von Schimmelbildung findet allerdings dort ihre Grenze, wo unzumutbare Anstrengungen von ihm verlangt werden. Mehrmals am Tag im Abstand von wenigen Stunden Stoßlüftungen vorzunehmen, ist einem Mieter insofern ebenso nicht zuzumuten, wie ein ständiges Beheizen der Wohnung mit mehr als 20 ° C (LG Lüneburg, WuM 2001, Seiten 465; AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az.: 7 C 107/02).

DerVermieter ist insoweit dementsprechend grundsätzlich verpflichtet, durch Dämmmaß-nahmen Abhilfe zu schaffen, selbst wenn der Mieter die Feuchtigkeitsschäden durch sein Wohnverhalten teilweise in einem geringem Maß mitverursacht haben sollte. Denn es ist Aufgabe des Vermieters, die notwendigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit zu treffen (LG Köln, WuM 1985, Seiten 24 f.; LG Hannover, WuM 1982; Seite 183; AG Dortmund, WuM 1986, Seite 295; AG Bremen Urteil vom 16. Mai 2003, Az.: 7 C 107/02.
Will ein Vermieter - wie hier der Kläger - somit einwenden, die Schimmelpilzbildung sei durch den Mieter - hier die Beklagte - schuldhaft selbst herbeigeführt worden, muss er auch beweisen, dass die Schadenursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt, wo-zu gehört, dass der Vermieter Schadensursachen aus seinem eigenen Verantwortungs- und Obhutsbereich ausräumt (LG Duisburg, WuM 2003, Seiten 494 f.). Nur wenn dem Vermieter dies gelingt, trägt der Mieter dann die Beweislast, dass er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat (BGH, WuM 1998, Seiten 96 f.; LG Duisburg, WuM 2003, Seiten 494 f.).

Entsprechend diesen Grundsätzen ist dem Kläger hier der Beweis, dass die Schimmelpilzbildung ihre Ursache im Obhutsbereich der Beklagten hat, somit aber nicht gelungen, da er Schadensursachen au seinem eigenen Verantwortungs- und Obhutsbereich nicht beweiskräftig hat ausräumen können. Gerichtsbekannt treten nämlich gerade im Bereich der Giebelwand und Raumkanten sowie Raumecken aufgrund baulicher und bauphysikalischer Gegebenheiten Untertemperaturen auf, die gerade auch die Schimmelpilzbildung verursachen könne. Starke Wärmebrücken auf einer ungedämmten Außenseite eines Gebäudes stellen insofern aber grundsätzlich bauliche Mängel dar.

Zur Gebrauchstauglichkeit eines Wohnraums zählt im Übrigen auch, dass in üblicher Art und mit handelsüblichen Möbeln eingerichtet werden kann. Der Mieter einer Wohnung darf nämlich grundsätzlich davon ausgehen, dass das Mietobjekt bauphysikalisch so beschaffen ist, dass auch große Möbel an den Außenwänden aufgestellt werden können, ohne dass sich negative Erscheinungen bemerkbar machen. Schrankwände oder bodenbündig ab-schließende Schränke sind seit Jahrzehnten z. B. üblich und werden sowohl in Altbauten als auch in Neubauten aufgestellt, ohne dass dies - für sich genommen- typischer Weise zu der hier in Rede stehenden Schimmelpilzbildung führt.

Darüber hinaus ist grundsätzlich auch anerkannt, dass ein Mieter berechtigt ist, neben der Mietminderung hinsichtlich des von der Mietminderung nicht erfassten Teils des Mietzinses ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB ausüben, um seinem Erfüllungsanspruch Nachdruck zu verleihen (BHG, NJW 1982, Seite 2242).
Zudem ist hier auch die Höhe der von der Beklagten in Anspruch genommenen Mietzins-minderung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat den Kläger auf den Schimmelpilzbefall unstreitig hingewiesen. Die Mietzinsminderung in Höhe von 15 % ist aufgrund der Intensität des unstreitigen Schimmelpilzbefalls, der daraus resultierenden erheblichen Gesundheitsgefahren - gerade im Kinderzimmer - und der starken Einschränkung der Wohnqualität mehr als angemessen anzusehen (zur Höhe vgl. u. a. LG München I, Urteil vom 2.10.1985, Az.: 15 S 7066/85; AG Ham-burg-Altona, Urteil vom 12.12.2002, Az.: 317 C 363/02, veröffentlicht in WE 2003, Seiten 248 f.; LG Dresden, ZMR 2003, Seite 840, AG Bremen, Urteil vom 16.05.2003, Az.: 7 C 107/02; LG Bonn, WuM 1991, Seite 262 = ZMR 1991, Seite 300; LG Hamburg, WuM 1985, Seite 21; LG Hannover; WuM 1982, Seite 183; LG Osnabrück, WuM 1989, Seite 370). Dem Kläger steht daher gegenüber der Beklagten der hier geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Zeitraum vom 01.01.2003 - 31.12.2003 nicht zu. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläu-fige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 und 713 ZPO

Moch-Titze
(Richter am Amtsgericht)

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